zur allgemeinen künstlerischen praxis

In einem thematisch weit gefächerten Gebiet, das sich von formalen und abstrakten Zeichnungen, Zeichnungen mit collagehaftem Charakter über Landschaften bis hin zu Buchstaben und Texten erstreckt, geht es immer um die Erforschung der geistigen Welt. Diese liegt der gegenständlichen zugrunde, befindet sich jedoch im Verborgenen und entzieht sich damit eigentlich der bildlichen Darstellung. Dieser unsichtbare Aspekt der Wirklichkeit soll sichtbar gemacht werden, wobei das Überraschende, das Forschen, das Staunen, das Unvorhergesehene und das Poetische eine entscheidende Rolle spielen.
Aber es geht auch um das Hinterfragen des Wahrgenommenen: Der Betrachter wird insofern in die Irre geführt, dass die Zeichnungen oft wie Gedrucktes, wie Fotos, wie Computergrafik erscheinen. Doch nur auf den ersten allzu flüchtigen Blick. Eine zunehmend digitalisierte Welt gerät wieder in den Bereich der menschlichen Aneignung.
Neben dem bildnerischen Werk entstehen lyrische Texte.

to general artistic practice

In a thematically broad area that extends from formal and abstract drawings, drawings with a collage-like character to landscapes, letters and texts, it is always about exploring the spiritual world. This is the basis of the representational one, but is hidden and therefore cannot actually be depicted in the picture. This invisible aspect of reality should be made visible, with the surprising, the research, the wonder, the unforeseen and the poetic playing a decisive role.
But it is also about questioning what is perceived: the viewer is misled in that the drawings often appear like printed matter, like photos, like computer graphics. But only at first glance. An increasingly digitized world is once again entering the realm of human appropriation.
In addition to the visual work, lyrical texts are created.

wandlung

In dieser Sammlung besteht eine der Hauptfragestellungen darin, welche Prozesse und Wirksamkeiten der sichtbaren Oberfläche der Dinge zugrunde liegen.
Bei den Darstellungen dieser dynamischer Prozesse entstehen unvorhersehbare Gebilde, die ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Die einzelnen Elemente bilden übergeordnete Strukturen, die über sie selbst hinausweisen. Jede Formation zeigt nur einen fragilen Moment, der schon im nächsten Augenblick nicht mehr existiert.
Freie, intuitiv gesetzte Formen werden mit bestimmten festgelegten Prozessen kombiniert. Was am Ende entsteht, ist also nicht planbar, die Überraschung spielt immer mit, wie im wirklichen Leben.

change

One of the main questions in this collection is what processes and effects underlie the visible surface of things.
When depicting these dynamic processes, unpredictable structures emerge that develop their own laws. The individual elements form higher-level structures that go beyond themselves. Each formation only shows a fragile moment that no longer exists in the next moment.
Free, intuitive forms are combined with certain defined processes. What happens in the end cannot be planned; surprise is always there, just like in real life.

pi

Diese Sammlung großformatiger Zeichnungen entstand über zwei Jahre hinweg. π hat mich fasziniert durch ihre Eigenart, dass sie als irrationale Zahl in der Ziffernfolge nicht vorhersehbar ist und (scheinbar?) keinem Muster folgt. Sie hat ihren ganz eigenen Charakter. Als Synästhetiker habe ich einen besonderen Zugang zu Zahlen. Die Farben, die ich für Zahlen verwende, folgen meinem Wahrnehmungssystem und sind nie zufällig gewählt.
Wie reagiert die menschliche Wahrnehmung mit ihrem innewohnenden Drang, Muster auch im Ungeordneten erkennen zu wollen, auf so ein Phänomen? Wie macht man das Unendliche sichtbar, wie das Unsichtbare? Gibt es eine Ordnung, die über unser Fassungsvermögen geht?
Es werden sowohl die Zahlenfolge und der Kreis an sich thematisiert, aber auch die Widerspiegelung des mathematischen Phänomens in anderen Bereichen (z.B. Riemann-Zeta-Funktion und Leibniz-Reihe) sowie die Beschäftigung mit der Darstellbarkeit des Unendlichen.

pi

This collection of large-format drawings was created over two years. π fascinated me because of its peculiarity: as an irrational number, it cannot be predicted in the sequence of digits and (apparently?) does not follow any pattern. She has her very own character. As a synesthete, I have a special approach to numbers. The colors I use for numbers follow my perception system and are never chosen randomly.
How does human perception, with its inherent urge to recognize patterns even in disorder, react to such a phenomenon? How do you make the infinite visible and the invisible? Is there an order that is beyond our comprehension?
The number sequence and the circle itself are discussed, but also the reflection of the mathematical phenomenon in other areas (e.g. Riemann zeta function and Leibniz series) as well as the concern with the representability of the infinite.

form

Bei den Abbildungen von Wasser, Feuer, Erde und Luft sollte man sich nicht täuschen lassen: Hier geht es nicht um die reine Wiedergabe des Bildhaften, sondern darum, wie die Dinge wahrgenommen werden. Die Darstellungen wirken wie durch Medien des Fotos oder Films gefiltert und verfremdet. Man sieht quasi durch die persönliche Kamera. Über den Ausgangspunkt der Materie, also des Sichtbaren, gerät das Geistige, das Unsichtbare, in den Blickpunkt - und damit die Frage, was es ist, wodurch die Welt erscheint, wie sie erscheint.

form

When it comes to the depictions of water, fire, earth and air, you shouldn't be deceived: it's not about the pure reproduction of the pictures, but about how things are perceived. The representations seem to be filtered and alienated through the media of photos or films. You basically see through your personal camera. Beyond the starting point of matter, i.e. the visible, the spiritual, the invisible, comes into focus - and with it the question of what it is that makes the world appear as it does.

begriff

Schrift und Buchstaben fasse ich ebenfalls als Motiv einer gegenständlichen Zeichnung auf. Die vermeintlich gedruckten Buchstaben werden erst bei genauerem Hinsehen zu dem, was sie eigentlich sind: gezeichnete Zeichen.
Das steht im Gegensatz zu den Druckerzeugnissen für die Masse: Die Rückbesinnung auf die persönliche Wahrnehmung steht im Vordergrund, die sich eben nicht mit einer vorgefertigten und beliebig reproduzierbaren Welt begnügt.
Die Zeichnungen stellen knappe, bis zum Äußersten verdichtete Texte dar, die Momentaufnahmen wiedergeben, oft aus ungewohnten Blickwinkeln, sodass die bisher fraglos hingenommene und allzu fest gefügte Welt neue Blickwinkel offenbart.

concept

I also see writing and letters as the motif of a representational drawing. Only upon closer inspection do the supposedly printed letters become what they actually are: drawn characters.
This is in contrast to printed matter for the masses: the focus is on returning to personal perception, which is not satisfied with a prefabricated and arbitrarily reproducible world.
The drawings represent short, extremely condensed texts that reproduce snapshots, often from unusual angles, so that the previously unquestioningly accepted and all too firmly structured world reveals new perspectives.

erinnerung

Erinnerungsbildern sind angesiedelt in einer Wirklichkeit zweiten Grades, der Aura, der Wandlung und des Todes. Thema ist der Wandlungsprozess von Erinnerungs-Urbildern, die über persönliche Geschichten hinausgehen. Es sind oft unspektakuläre Szenen, die aber umso nachhaltiger auf das eigene Weltbild wirken.
Die Anlehnung der Zeichnungen an unscharfe Schnappschüsse, vergilbte Familienfotos, Randszenerien in Bildbänden oder Filmstills gibt eine scheinbare Objektivität wieder.
Mit der Zeichnung beginnt die persönliche Aneignung des Bildes, die den Wandlungsprozess der Erinnerung in den sichtbaren Bereich rückt. Schließlich koppeln sich die Bilder von der persönlichen Erinnerung ab und entwickeln ein Eigenleben und scheinen untereinander ihre eigenen Bezüge zu suchen.

memory

Memory images are located in a second-degree reality, of aura, change and death. The topic is the transformation process of memory archetypes that go beyond personal stories. They are often unspectacular scenes, but they have an even more lasting effect on one's own worldview.
The drawings' reference to blurred snapshots, yellowed family photos, peripheral scenes in illustrated books or film stills conveys an apparent objectivity.
The personal appropriation of the image begins with the drawing, which brings the transformation process of memory into the visible realm. Ultimately, the images separate themselves from personal memories and develop a life of their own and seem to seek their own connections to one another.

© 2006–2025 Korvin Reich